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„Genozid an Christen verurteilen“
„Genozid an Christen verurteilen“ Schutzzone und humanitäre Hilfe: Dramatischer Appell von Kirchenführern aus Nahost an die internationale Gemeinschaft. Über ausbleibende islamische Reaktionen auf den Terror des „Islamischen Staates“ zeigen sie sich enttäuscht.


Aufmerksam hörten Vertreter der USA, Großbritanniens, Kanadas, Polens und Österreichs zu, als Bischöfe aus dem Nahen Osten in dieser Woche in Genf über die Lage ihrer Gläubigen im Nahen Osten berichteten. Eingeladen hatte die Vatikan-Vertretung bei den Vereinten Nationen in Genf. Anlässlich der Sitzung des UN-Menschenrechtsrats veranstaltete sie eine Konferenz am Rande, die sich mit der Zukunft des orientalischen Christentums befasste. Ausdrücklich dankte Nuntius Silvano Tomasi dem katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“ für die Hilfe bei der Finanzierung. „Das ist genau die Art von Veranstaltungen, die wir Diplomaten brauchen, um uns aus erster Hand zu informieren“, meinte US-Botschafter Keith Harper später. Im Gespräch, zu dem Harper irakische Kirchenvertreter nach der Konferenz empfing, unterstrich er, dass die Vereinigten Staaten die Menschenrechtsverstöße der Terroristen des „Islamischen Staates“ (IS) gegen Christen und andere ethnische und religiöse Minderheiten wie die Jesiden aufmerksam registrierten. Zeugnisse Betroffener würden helfen, die Koalition zu erweitern, die die Vereinigten Staaten derzeit gegen IS schmiedeten.

Die angereisten Prälaten hatten zuvor während der Konferenz nicht mit Kritik an den USA gespart. Der chaldäisch-katholische Patriarch Louis Raphael I. Sako etwa machte die USA indirekt für das Erstarken von IS verantwortlich. Sie hätten in den vergangenen Jahren nicht auf ihre sunnitischen Verbündeten eingewirkt, die die Extremisten unterstützt hätten. Sakos syrisch-katholischer Amtsbruder Ignace III. Jusif Yunan warf den Vereinigten Staaten zudem vor, durch die Anerkennung der Regierung der Muslimbrüder in Ägypten den extremen Islam quasi hoffähig gemacht zu haben. „Es wird immer eingewandt, diese Leute seien demokratisch gewählt worden. Aber tatsächlich handelt es sich dabei nur um eine Moscheedemokratie.“ In den USA seien Religion und Staat qua Verfassung getrennt. „Wie kann man nicht darauf hinwirken, dass dieser Grundsatz auch in den verbündeten nahöstlichen Staaten berücksichtigt wird?“ Patriarch Ignace betonte weiter, dass langfristig die christliche Präsenz im Nahen Osten nur durch eine Trennung von Religion und Staat garantiert werden könne. „Als internationale Familie müssen wir in Richtung einer Trennung von Staat und Religion arbeiten.“ Er rief in diesem Zusammenhang die Muslime auf, ihre Heiligen Schriften neu zu interpretieren. „Man kann im 21. Jahrhundert keine Exegese wie im 7. Jahrhundert machen.“

Der syrisch-orthodoxe Erzbischof von Mossul, Nicodemus Daoud Sharaf, machte deutlich, wie bedroht seine Gemeinschaft durch das Vordringen von IS sei. Er wandte sich deshalb in aramäischer Sprache, der Muttersprache der mesopotamischen Christen, an die Konferenz-Teilnehmer. „Das ist die Sprache Jesu. Sie wird sterben, wenn ihr uns nicht helft.“ Er stehe vor den Zuhörern als Flüchtling wie Zehntausende andere Christen auch. Seine Kathedrale, so Sharaf, sei von den Terroristen als erste in eine Moschee umgewandelt worden. „In Mossul gibt es alle zwei Meter eine Moschee. Es gab also keinen Bedarf dafür. Es ging nur darum, uns zu demütigen.“ Sharaf sagte weiter, dass die Vereinten Nationen die Vertreibung der Christen im Irak als Genozid anerkennen und verurteilen müssten. „Die Vereinten Nationen sind schnell darin, Anti-Semitismus zu verurteilen. Wir wollen dasselbe sehen, wenn Christen verfolgt werden.“ Die Christen seien schließlich die eingeborene Bevölkerung des Irak. „Wir sind seit 2000 Jahren dort. Wir haben die Muslime wie Brüder empfangen und sie Philosophie und Kultur gelehrt.“ Er kritisierte dabei die mangelhafte Reaktion der Muslime auf das Vorgehen des „Islamischen Staates“. „Als vor einigen Jahren in Dänemark die Mohammedkarikaturen veröffentlicht wurden, gingen Millionen Muslime weltweit auf die Straße, weil das gegen den Islam sei. Der ,Islamische Staat‘ wird auch als unislamisch gesehen. Aber wo sind jetzt die Demonstrationen dagegen?“ Auch Patriarch Sako vermisste einen Aufschrei der irakischen Sunniten. „Ich habe das Gefühl, dass es Sympathie für ISIS gibt“, so Sako. Sichtlich erregt kritisierte Sako das muslimische Überlegenheitsgefühl. „Nur weil man Moslem ist, ist man noch kein Superman. Wir Christen waren vor dem Islam im Irak.“

Aufgeben wollen die Bischöfe indes nicht. Patriarch Louis Raphael I. Sako etwa meinte: „Wir Christen im Irak haben eine Zukunft, wenn uns die internationale Gemeinschaft sofort hilft. Vergesst uns nicht! Die Menschen sind enttäuscht, wie wenig Hilfe bisher angekommen ist“. Weiter sagt der Patriarch: „Derzeit leben etwa 120 000 Christen im Irak als Flüchtlinge. Sie benötigen alles, weil die Terroristen des ,Islamischen Staats‘ ihnen alles genommen haben.“ Die größte Herausforderung sei derzeit die Bereitstellung von Wohnraum. Der in Irakisch-Kurdistan oft sehr kalte Winter stünde kurz bevor und die Menschen könnten deshalb nicht länger in Zelten bleiben. „Wir sind hier dringend auf Unterstützung angewiesen“, betonte Sako und rief dazu auf, eine Schutzzone für Christen im Nordirak einzurichten. Diese solle unter einem Mandat der Vereinten Nation stehen und unter maßgeblicher Beteiligung der Anrainerstaaten des Irak aufgestellt werden. „Wir brauchen eine Resolution der Vereinten Nationen, die uns die Rückkehr ermöglicht“, so das chaldäisch-katholische Kirchenoberhaupt. Sako warnte, sollten die irakischen Christen nicht in ihre Stammorte in der Ninive-Ebene nahe Mossul zurückkehren können, drohe ihnen das Schicksal der palästinensischen Flüchtlinge, die über viele Länder verstreut lebten.

Auch der im Libanon residierende syrisch-katholische Patriarch Ignace III. rief auf der Konferenz zu einem verstärkten Engagement der internationalen Gemeinschaft auf. „Mit der Einnahme syrisch-katholischer Orte wie Karakosch mussten Zehntausende meiner Gläubigen fliehen. Hilfe der internationalen Gemeinschaft würde ihnen nicht nur materiell helfen, sondern auch zeigen, dass sie nicht allein und vergessen sind.“ Die Christen des Nahen Ostens seien jedoch wohl zu wenige und zu arm, um das Interesse der industrialisierten Nationen zu erregen, so der Kirchenführer. Erzbischof Sharaf sagte, dass er erfreut sei über die Besuche westlicher Politiker im Irak. „Aber wir brauchen echte humanitäre Hilfe. Zeit ist ein wichtiger Faktor für uns. Mehr und mehr Menschen verlassen das Land.“

Quelle: http://www.die-tagespost.de/Genozid-an-Christen-verurteilen;art456,155042

 



DruckenDrucken | 20-09-2014, 12:12:00 |

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