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Warum Aramäisch niemals ganz aussterben wird - Die Sprache Jesu
Warum Aramäisch niemals ganz aussterben wird - Die Sprache Jesu

Es ist die älteste gesprochene Sprache der Welt – durch Kriege und politische Konflikte ist sie als Alltagssprache vom Aussterben bedroht. Einige Christen in Israel versuchen eine Neubelebung. Sie sind stolz auf ihre „Muttersprache“, die Teil ihrer nationalen und religiösen Identität ist.



Mit seiner Stimme erweckt er eine fast vergessene Sprache wieder zum Leben: Dayroyo Boulus, ein syrisch-orthodoxer Mönch des Markusklosters in Jerusalem, singt in der Sprache Jesu, auf Aramäisch.In einigen christlichen Gottesdiensten, aber auch in der jüdischen Liturgie, hat Aramäisch mehr als zwei Jahrtausende überlebt. Bis heute. Es ist die älteste noch gesprochene Sprache der Welt. Doch als Alltagssprache ist sie vom Aussterben bedroht, was auch auf die politische Lage, Kriege und Konflikte zurückzuführen ist. In Israel haben sich einige Christen das Ziel gesetzt, dieser Sprache neues Leben einzuhauchen.

Helles Schafsleder aus Hebron, in kleine Stücke geschnitten, stapelt sich auf dem Tisch von Dayroyo Boulus im Markuskloster in Jerusalems Altstadt. Intensiver Geruch des Leders hängt in der Luft. Mit dicken Filzstiften schreibt er das Vaterunser auf die Lederstreifen. Auf Aramäisch.

„Ich habe vor vier Jahren damit begonnen, das Vaterunser aufzuschreiben und es Menschen zu schenken. Ich will es nicht verkaufen. Es ist das Wort Gottes, daraus mache ich kein Geschäft. Ich gebe es den Menschen, damit es für sie zum Segen wird. Würde ich es verkaufen, ginge es nur um Geld, und wir würden Gott vergessen“, sagt Dayroyo Boulus.Der 30-jährige bärtige Mönch trägt eine schwarze Kutte, eine bestickte Kopfbedeckung und ein handtellergroßes Kreuz. Als Dayroyo Boulus stellt er sich Besuchern vor. Das Wort Dayroyo ist Aramäisch und bedeutet so viel wie: „Der im Kloster lebt“.


Dayroyo Boulus beschreibt ein Lederstück auf Aramäisch (Deutschlandradio / Lizzy Kaufmann)

Dayroyo Boulus gehört der syrisch-orthodoxen Kirche an, einer jener Kirchen, die bis heute ihre Gottesdienste meist auf Aramäisch feiern. Zu diesen Kirchen zählen unter anderen auch die syrisch-katholische und die maronitische. Zahlreiche Christen dieser Kirchen bewahren Aramäisch auch als Alltagssprache.

Die Zahl der Aramäisch-Sprechenden sinkt

Doch die Zahl sinkt: Wissenschaftler schätzen, dass heute weltweit nur noch wenige Hunderttausend einen der Dialekte des Neo-Aramäischen beherrschen.„Hier in Jerusalem gibt es rund hundert syrisch-aramäische Familien. Zwei von ihnen sprechen noch immer Aramäisch. Außerdem sprechen wir, die Mönche im Kloster, die Sprache miteinander. Und wenn Besucher oder Pilger kommen, beten und sprechen wir einige Worte auf Aramäisch, um ihnen zu zeigen, dass diese Sprache noch immer lebt, im Gebet und im Alltag“, sagt Dayroyo Boulus.

Wie die meisten dieser Familien in Israel stammt auch die von Dayroyo Boulus aus der Türkei. Dort haben seine Großeltern noch Aramäisch gesprochen. Er selbst ist in Bethlehem arabischsprachig aufgewachsen.Arabisch und aus Bethlehem – die meisten würden ihn somit als Palästinenser bezeichnen. Doch er selbst definiert sich als syrisch-aramäisch.Die Sprache hat er drei Jahre lang bei Mönchen in Damaskus gelernt. Boulus ist voller Leidenschaft für das Aramäische. Er will die Sprache Jesu retten.

Sein Zimmer ist voll von kleinen Souvenirs mit aramäischen Schriften: Er hat das Vaterunser auf Herzen aus Olivenholz geschrieben. Und er hat es auf Sticker, Kühlschrankmagneten, Tassen, Kalender und Weihnachtskarten drucken lassen.Wer verstehen will, warum Christen wie Dayroyo Boulus diese alte Sprache bewahren wollen, wie Aramäisch bis heute überlebt hat und warum es in der Liturgie von Christen und Juden eine zentrale Rolle spielt, muss weit in die Geschichte zurückblicken.


Geschenkartikel mit aramäischen Schriften (Deutschlandradio/Lizzy Kaufmann)

Und dafür am besten Chesi Muzafi treffen. Der spricht einige neo-aramäische Dialekte fließend:„Ich habe gerade gesagt: Hallo, mein Name ist Chesi Muzafi. Ich bin Professor und Linguist und befasse mich mit Aramäisch, oder Assyrisch, wie es auch genannt wird.“

„Aramäisch hatte eine goldene Zeit“

Chesi Muzafi forscht und lehrt an der Universität in Tel Aviv. Er kennt die Geschichte des Aramäischen. Eine Sprache, deren Spuren bis in das Jahr 1000 vor Christus zurückreichen, erzählt er:„Aramäisch hatte eine goldene Zeit. Während des Altpersischen Reiches der Achämeniden war es sogar die offizielle Sprache des gesamten Nahen Ostens. Aramäisch war weit verbreitet, war die Sprache der Diplomatie, der Verwaltung, der Literatur. Selbst später, als Alexander der Große die Region im Jahr 331 vor Christus eroberte und Aramäisch nicht mehr länger die offizielle Sprache des Königreichs war, blieb es die Lingua franca. Es war eine Hochsprache. Auch die Juden wechselten zum Aramäischen, in byzantinischer Zeit sprachen sie kein Hebräisch mehr.“

Die jüdische Bevölkerung hatte zuvor – bis zur Zerstörung des Ersten Tempels im Jahr 586 vor Christus – noch Hebräisch gesprochen. Ein Großteil der alten jüdischen Schriften ist deshalb auf Hebräisch verfasst.

Später, in der jüdischen Diaspora blieb Hebräisch eine heilige Sprache, laschon hakodesch genannt. Doch bereits zuvor, nach der Zerstörung des Ersten Tempels, gewann Aramäisch an Bedeutung für die Juden im Nahen Osten. Auch in der Zeit, als in Nazareth ein Wanderprediger geboren wurde.

„Jesus hat auf Aramäisch geträumt“

So gehen Wissenschaftler davon aus, dass Jesus nicht nur Hebräisch und Griechisch verstanden haben dürfte, sondern im Alltag wohl vor allem Aramäisch gesprochen hat: bei der Arbeit, zu Hause und mit den Menschen, die er traf. Ja, Jesus hat wohl auf Aramäisch geträumt und gebetet.

Und weil irgendwann das Hebräische zunehmend verdrängt wurde, aber so gut wie jeder Jude die Lingua franca beherrschte, erhielt Aramäisch auch Einzug in die jüdische Liturgie.Etwa beim Mittagsgebet Mincha, wenn es in einer Gruppe von mindestens zehn Personen mit einem Vorbeter gebetet wird. Studenten und Rabbiner haben sich versammelt im Beit Midrasch, dem Lernsaal des Schechter Instituts für Jüdische Studien in Jerusalem. Der Vorbeter betet das Kaddisch.

Avi Novis-Deutsh ist einer der Rabbiner am Institut:

„Ein Teil unserer Liturgie, das Kaddisch-Gebet, wird auf Aramäisch rezitiert. Dazu gibt es eine interessante Erklärung aus dem Midrash, also der rabbinischen Bibeldeutung: nämlich dass die Engel kein Aramäisch verstehen und das Gebet deshalb direkt zu Gott geht. Ich weiß nicht, wie jemand auf die Idee kam, dass die Engel Hebräisch verstehen, aber kein Aramäisch. Aber so lautet eben dieses Argument. Gleichzeitig ist es auch ein Trauergebet, der Text ist nahezu derselbe. Das Kaddisch ist im babylonischen Aramäisch verfasst. Es wurde wohl kurze Zeit nach dem Talmud geschrieben.“

Der Talmud hat aramäische Einflüsse

Der Talmud ist eine der wichtigsten Schriften des Judentums. Er enthält auch religiöse Gesetzestexte. Für gläubige Juden ist das Talmud-Studium bis heute zentral. Der Talmud besteht zum einen aus der Mischna, die Gott Moses am Sinai mündlich überliefert haben soll und die wohl im ersten oder zweiten Jahrhundert nach Christus niedergeschrieben wurde. Vor allem auf Hebräisch, aber mit aramäischen Einflüssen.

Die Gemara ist der andere Teil des Talmuds: Dabei handelt es sich um Auslegungen und Einordnungen der Gesetzestexte durch Rabbiner. Die Gemara ist überwiegend auf Aramäisch verfasst.

„Die wichtigsten Texte zur jüdischen Gesetzeslehre wurden in Schulen entwickelt, die auf Aramäisch unterrichteten. Später, als das Gebiet des heutigen Iraks zum Zentrum des Judentums wurde, sprachen Juden Aramäisch. Es war die Sprache der jüdischen Gesetze. Selbst heutzutage, wo jüdische Gesetzestexte auf Hebräisch geschrieben werden, werden noch immer aramäische Ausdrücke und Zitate benutzt. Um also diese Texte zu verstehen, braucht man Aramäisch-Kenntnisse“, sagt Rabbi Avi Novis-Deutsh.

Auch Teile der Bücher Daniel, Ezra und Nechemia sind auf Aramäisch verfasst. Ebenso der jüdische Hochzeitsvertrag, die Ketuba – zumindest in orthodoxen Kreisen. Aramäisch ist ein Teil des Judentums geworden. Aber selbst Rabbiner müssen es heute nicht vollständig beherrschen.

„Das Wort für Webseite ist ein aramäisches Wort“

Das Aramäische hatte aber nicht nur Einfluss auf die Liturgie und die Schriften des Judentums, sondern auch auf das Hebräische, das einige Zeit parallel gesprochen wurde. Teile des Aramäischen leben also heute im modernen Iwrit fort. So haben beispielsweise die Monatsnamen des jüdischen Kalenders ihren Ursprung im Aramäischen. Aber nicht nur sie, erklärt der Linguist Chesi Muzafi:„Einige ganz grundlegende Wörter, die wir täglich brauchen, sind aramäisch. Aba, Vater. Ima, Mutter. Uvda, Tatsache. Saba, Großvater. Atar, Seite oder Webseite. Sogar das Wort für Webseite ist ein aramäisches Wort!“

Die Hoch-Zeit des Aramäischen endete mit dem Islam. Dieser breitete sich nach dem siebten Jahrhundert gemeinsam mit der arabischen Sprache aus – und verdrängte im Nahen Osten alles andere. Nur in abgelegenen, oft bergigen Regionen blieben Christen, Juden sowie Mandäer, eine kleine gnostische Minderheit, dem Aramäischen treu.

An der Wand des kleinen Büros von Chesi Muzafi hängen Karten mit jenen Regionen, wo Aramäisch gesprochen wurde und wo es überlebt hat: etwa im nordwestlichen und nordöstlichen Iran, in Aserbaidschan, im nördlichen Irak oder in Grenzgebieten der Türkei und Kurdistan.Der Linguist hat einige dieser Regionen bereist, ist in entlegene Dörfer gefahren und hat dort die Dialekte gelernt, die sich über die Jahrtausende entwickelt haben.Genau wie das Aramäisch, das Jesus sprach, klingen sie nicht mehr. Dennoch hat die religiöse Identität für das Bewahren der Sprache eine zentrale Rolle gespielt, erklärt Chesi Muzafi:

Zentraler Bestandteil der Identität 

„Minderheiten wurden bestenfalls toleriert, aber stets verachtet, weil sie keine Muslime waren. Zumindest Christen wurden oft verfolgt, und Aramäisch wurde als eine Art ethno-religiöses Kennzeichen genutzt, das sie stärkte. Es war von Vorteil in Gemeinschaften, die verschwiegen sein und sich gegen Bedrohungen von außen schützen mussten. Die Sprache war zentraler Bestandteil der Identität dieser Minderheiten und eine schützende, verbindende Kraft.“Und doch sprach jede Glaubensgemeinschaft ihren eigenen Dialekt. Die Unterschiede waren oft so groß, dass selbst Christen und Juden aus benachbarten Dörfern sich gegenseitig kaum verstehen konnten.

Steven Fassberg hat mehrere der kleinen Aramäisch-Sprachgruppen untersucht – gerade noch rechtzeitig. Er ist Professor an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Bei seiner Feldarbeit hatte er Glück:

„Ich habe den letzten guten Sprecher eines Aramäisch-Dialekts in der Südosttürkei gefunden, in der Nähe der Grenze zum Irak. Ein Ort, den die Türken heute Tschukúrdscha nennen, die Aramäer Tschálla. Dort gab es Christen und Juden – und ich habe den letzten jüdischen Sprecher ausfindig gemacht. Ich habe stundenlange Aufnahmen von ihm und habe, darauf basierend, eine Grammatik geschrieben. Dann starb er, mit 90 Jahren, und mit ihm der Dialekt. Er wird nie wieder gesprochen werden.“


"Jesus sprach mit Sicherheit Aramäisch": Sprachforscher Steven Fassberg (DR/Lissy Kaufmann)

Immer wieder sterben Dialekte des Aramäischen aus. Ein wichtiger Grund dafür sind die politischen Veränderungen in der Region. Seit Jahrzehnten ziehen die Menschen weg, manche sind auf der Flucht. Ganze Dörfer verschwinden von der Landkarte, so Steven Fassberg:

„Die Christen in Kurdistan wurden von den Türken während des Ersten Weltkriegs getötet, die im Irak von Saddam Hussein. Wer all das überlebte, der wurde vom IS abgeschlachtet. Wer Glück hatte, konnte fliehen. Heute gibt es aramäische Gemeinden überall auf der Welt, in Deutschland, Schweden, Holland, viele in Australien, auch in Los Angeles, Detroit und Chicago.“

Viele Christen sind stolz auf ihre Muttersprache

Immerhin versuchen zahlreiche der geflohenen Christen, Aramäisch am Leben zu erhalten. In Schweden, so erzählt Steven Fassberg, gebe es Bücher, Zeitungen und Radiosendungen auf Aramäisch. Und Sprachenforscher Chesi Muzafi von der Universität Tel Aviv ergänzt:

„Viele Christen glauben, dass sie die Sprache Jesu sprechen. Und auf diese Sprache, ihre Muttersprache, sind sie mächtig stolz. Bei den Juden ist es ganz anders. Manchmal sagen sie mir: ‚Warum interessierst du dich für diese alte Sprache? Lass sie sterben! Sie bedeutet uns nichts.‘“

Aramäisch-sprachige Juden zogen nach der Staatsgründung Israels in die neue jüdische Heimat. Das moderne Hebräisch wurde zur Alltagssprache, ein wichtiger Bestandteil der israelischen Identität. Das gesprochene Neo-Aramäisch aber, verlor an Bedeutung.

Doch bei einer kleinen Gruppe von Christen im Norden des Landes, den Maroniten, ist Aramäisch eine Frage der nationalen Identität geworden – und das, obwohl die Sprache auch dort lange Zeit keine Rolle gespielt hat. In dem Dorf Gusch Chalav an der Grenze zum Libanon soll sich das nun ändern:

Erwachsene und Kinder lernen die alte Sprache

Das aramäische ABC-Lied. Die Geschwister Christián, Abdállah und Kristín haben es hier in Gusch Chalav in der Schule gelernt. Mit ein bisschen Unterstützung klappt es schon ganz gut. Dass der Nachwuchs der Christen im Dorf heute diese alte Sprache lernt, hat Shadi Khalloul erkämpft. Ein Mann mit selbstbewusstem Auftreten, 42 Jahre alt, mit kurzen Haaren und Hemd. Gerade ist er auf dem Weg zu seiner Schülerin, zur 35-jährigen Nivin Elias.

Nivin Elias ist eine jener Christen in Gusch Chalav, die mit Shadis Hilfe Aramäisch lernen. Die Sprache wurde hier lange Zeit nur noch im christlichen Gottesdienst verwendet. Im Alltag unterhielten sich die Einwohner auf Arabisch.

Und lange Zeit störte das kaum einen der Christen in Gusch Chalav. Niemand stellte es infrage. Außer Shadi Khalloul. Während seines Auslandsstudiums in den USA begann er, sich mit seinen Wurzeln zu beschäftigen. Er schmiedete den kühnen Plan, die Sprache seiner Vorfahren wieder aufleben zu lassen:

„Wir sind Christen der syrisch-maronitischen Kirche. Maroniten sind Aramäer. Sie sind direkte Nachfahren jener Christen, die hier in Galiläa im Nahen Osten Jesus gefolgt sind. Heute nennt man uns Ostchristen. Und da habe ich mich gefragt, warum wir Aramäisch vernachlässigen. Es ist die Sprache unserer Vorfahren und unserer Kirche. Wir sollten das nicht verstecken.“

Vor mehr als zehn Jahren gründete Shadi Khalloul die Israelische Christlich-Aramäische Gesellschaft und setzte durch, dass heute in der staatlichen Dorfschule Aramäisch gelehrt wird. Und: Er unterrichtet selbst ein dutzend Erwachsene im Dorf. Darunter Nivin Elias:

„Aramäisch ist hier ja nie ganz verschwunden. Aber erst, als Shadi damit begonnen hat, uns zu unterrichten, haben wir eine Beziehung zu dieser alten Sprache entwickelt. Andere hatten Zweifel: Wieso soll ich diese Sprache sprechen? Was soll ich mich jetzt nochmal hinsetzen und lernen? Dann gebe ich die Antwort: Weil es die Sprache ist, in der Jesus gesprochen hat.“

„Wir sind Aramäer – keine Araber“

Aramäisch ist für die Christen in Gusch Chalav deshalb auch eine emotionale Sprache. Eine, die in der Kirche immer präsent war. Doch erst jetzt, durch den Unterricht, können Nivin und die anderen Schüler die Gesänge und Gebete auch verstehen. Die Sprache wird wieder Teil ihrer Identität und ihrer Nationalität. Denn für Shadi Khalloul war es mit dem Unterricht alleine nicht getan. Dass der Staat Israel die Christen seines Dorfes seit der Staatsgründung 1948 zu den arabischen Israelis zählte, wollte er nicht länger hinnehmen. Er sei schließlich weder Araber noch Palästinenser:

„Wir haben uns gesagt, wir müssen diesen Fehler korrigieren, den Israel bei der Staatsgründung gemacht hat, als wir fälschlicherweise als Araber registriert wurden. Wir sind Aramäer. Sieben Jahre haben wir gekämpft. Im Dezember 2014 hat der Staat Israel unserem Antrag stattgegeben und uns erlaubt, uns ins offizielle staatliche Register als Aramäer eintragen zu lassen.“

Doch gerade in einem Land wie Israel, wo Konflikte entlang nationaler und religiöser Linien verlaufen, kommen solche Schritte auf arabischer und palästinensischer Seite nicht gut an.

Shadi ist auf die arabische Bevölkerung Israels nicht gut zu sprechen. Aber er spricht den Konflikt nicht offen an. Der syrisch-orthodoxe Mönch, Dayroyo Boulus, rund 200 Kilometer weiter südlich in Jerusalem, geht da weiter:

„Wir brauchen Menschen, die Aramäisch wieder aufleben lassen, nicht nur in Gebeten und als Sprache hier im Kloster. Unsere Kirche findet das gut. Aber es gibt auch Christen hier, die sehen das anders. Sie sagen: Wir sind Araber, wir sind Palästinenser, das ist nicht unsere Sprache! Wir halten dagegen: Wir sind aramäisch, wir sprechen noch immer in der Sprache Jesu und wir wollen unsere Sprache wieder aufleben lassen.“

Ob es Christen wie Dayroyo Boulus und Shadi Khalloul gelingt, ihre Sprache in Israel wieder aufleben zu lassen, ist fraglich. Doch zumindest dort, wo die aramäisch-sprechenden Christen noch in großen Gruppen zusammenleben, in Schweden oder auch in Deutschland, stehen die Chancen vorerst nicht schlecht, dass ihre Sprache lebendig bleibt. Und ganz sicher wird Aramäisch in der Liturgie überleben, bei Christen wie bei Juden.

Und so wie der Jude Jesus, der Wanderprediger aus Nazareth, die beiden Religionsgemeinschaften in gewisser Weise verbindet, so gibt es auch bis heute dieses sprachliche Band: das Aramäische.

Quelle:https://www.deutschlandfunk.de/warum-aramaeisch-niemals-ganz-aussterben-wird-die-sprache.886.de.html?dram:article_id=434899

Hinweis:Frontfoto Dayroyo Boulus (Antiochia Cicek)



DruckenDrucken | 01-01-2019, 16:19:00 |

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