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ARAMÄER IN DER TÜRKEI UNTER DRUCK
Den frühesten Vertretern des Christentums in Kleinasien droht der Verlust ihres kulturellen Erbes.
Sie zählen zu den frühesten Vertretern des Christentums in Kleinasien und bildeten einst eine blühende Kultur – die Aramäer im Südosten der Türkei. Doch der türkische Staat erhebt Anspruch auf ihren uralten Besitz.

Die Klöster und Kirchen der aramäischen Christen waren lange im Besitz der Dörfer, in denen sie sich befinden. Das Problem entstand, als viele von ihnen im Zuge einer Gebietsreform 2012 in die Stadt Mardin eingemeindet wurden. Damit fielen die Gebäude an das Schatzamt von Mardin. Ende Juni recherchierte dann das armenisch-türkische Magazin „Agos“, dass die islamisch-sunnitische Religionsbehörde Diyanet neuer Eigentümer werden solle.

In Europa und bei christlichen Verbänden stieß die Nachricht auf harsche Kritik. Man fürchtete einen Ausverkauf der Klöster und Kirchen oder gar eine Umwandlung in Moscheen. „Die momentanen Verstaatlichungen von jahrtausendealtem urchristlichem Kulturerbe sind absolut beispiellos“, sagte zum Beispiel die EU-Abgeordnete Renate Sommer. Zu den betroffenen Gebäuden zählt auch Mor Gabriel, eines der ältesten christlichen Klöster überhaupt. Es stammt aus dem Jahr 397 nach Christus und gehört zum Unesco-Weltkulturerbe.

Dass die Entscheidung nun zurückgenommen wurde, bestätigte auch Kuryakos Ergün, Vorsitzender der Mor-Gabriel-Stiftung in der Türkei. Er fügte allerdings hinzu, dass der rechtliche Status noch immer unklar sei, und die Immobilien in den Besitz der Stiftung überführt werden müssten. „Im Ergebnis bleiben jedoch die Massenenteignungen aramäischen Grundbesitzes bestehen, weil das Schatzamt Mardin und regionale Verwaltungseinheiten weiter die Hand auf dem christlichen Besitz haben“, sagt Exilaramäer-Sprecher Daniyel Demir. Darin eingeschlossen seien auch Grabstätten, Ackerflächen und Weinberge.

Dabei hatte sich die Lage der syrischen Christen in den vergangenen Jahren zunächst verbessert: So ist ihnen mittlerweile erlaubt, eigene Schulen zu unterhalten. 2015 wurde sogar der Bau einer Kirche in Istanbul gestattet – zum ersten Mal überhaupt seit 1923. Als der syrische Bürgerkrieg begann, hatte Präsident Erdogan den syrischen-orthodoxen Patriarchen eingeladen, in die Türkei zurückzukehren. Das Patriarchat hatte die Türkei 1925 verlassen. Die türkischen Assyrer oder Aramäer gelten als die älteste ethnische Minderheit der Türkei. Ihre Ursprünge gehen bis in die Zeit um 3500 vor Christus zurück. Ihre Heimatregion ist das Hochplateau Turabdin im Südosten der Türkei, nahe der Stadt Mardin. Dort gibt es mehr als 80 Klöster.



Im Unterschied zu den übrigen christlichen Gemeinden in der Türkei wurden die Aramäer allerdings im Vertrag von Lausanne 1923 nicht als eigenständige religiöse Minderheit anerkannt. Als 2011 die AKP-Regierung verkündete, konfiszierten Besitz an die religiösen Gemeinden zurückzugeben, waren die Aramäer davon ausgenommen.

Viele von ihnen waren auch unter den Opfern des Massenmords an den Armeniern 1915. Die Ereignisse sind auf Aramäisch als „Seyfo“ (Schwert) bekannt. Schätzungen des UNHCR zufolge kamen damals 750 000 Menschen ums Leben. Später wanderten viele in den letzten Jahrzehnten nach Europa und in die Vereinigten Staaten aus.

Ihre Lage spitzte sich in den vergangenen zwei Jahren zu, als die Kämpfe zwischen der türkischen Armee und der PKK wieder aufflammten. „Viele Exil-Aramäer in Deutschland, die auch Geld in den Wiederaufbau und Erhalt der Klöster investiert hatten, haben daraufhin ihre Rückkehrpläne begraben“, sagt Demir. In Deutschland leben rund 150 000 Aramäer.

Dagegen gibt es nur noch rund 20 000 aramäische Christen in der Türkei, 15 000 davon in Istanbul. Ihre Zahl dürfte aber durch syrische Kriegsflüchtlinge angewachsen sein. Sie spalten sich wiederum in drei Kirchen auf, von denen die syrisch-orthodoxe die größte ist.

QUELLE:
TAGESPOST

  
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